Die Welt um uns herum verändert sich schnell. Das Wachstum verlangsamt sich, die Löhne stehen unter Druck, die Ungleichheit nimmt zu, und die Klimakrise verschärft sich. Das Vertrauen in die Institutionen schwindet, und die psychische Gesundheit ist heute ein allgemeines Problem. Angesichts dieser Situation fühlen sich viele überfordert oder stecken im Überlebensmodus fest. Aber dieser Moment ist eine Herausforderung, denn er kann eine seltene Gelegenheit für diejenigen sein, die bereit sind, mit Klarheit, Mut und Zielstrebigkeit zu führen.
Als jemand, der in verschiedenen Bereichen von der Physiotherapie über die Wirtschaft bis zum Recht gearbeitet hat, bin ich zu der Überzeugung gelangt, dass es bei der Führung nicht mehr darum geht, alle Antworten zu haben. Es geht darum, die richtigen Fragen zu stellen. Es geht darum, in den Werten verwurzelt zu bleiben und sich gleichzeitig an den Wandel anzupassen. Und es geht darum, Möglichkeiten zu sehen, wo andere nur Hindernisse sehen.
Heute muss Führung mit Ethik beginnen. In einer Zeit, in der das öffentliche Vertrauen brüchig ist, müssen Führungskräfte mit gutem Beispiel vorangehen - nicht nur mit Fachwissen, sondern auch mit Einfühlungsvermögen, Transparenz und Integrität. Wir können uns keine Führung mehr leisten, die von der Realität der Menschen oder den Folgen ihrer eigenen Entscheidungen abgekoppelt ist. Wir brauchen Führungskräfte, die ihren Worten Taten folgen lassen und ihren Einfluss nutzen, um eine Kultur der Verantwortung und des Respekts aufzubauen.
Wir brauchen auch eine andere Denkweise, wenn es um den Wandel geht. Unterbrechungen sind keine Seltenheit mehr, sie sind die neue Norm. Führungskräfte, die sich dagegen wehren, werden ins Hintertreffen geraten. Diejenigen aber, die es schaffen, Störungen als Innovationsimpuls zu begreifen, können sich völlig neue Möglichkeiten erschließen. Die widerstandsfähigsten Unternehmen sind nicht diejenigen, die Risiken vermeiden, sondern diejenigen, die sie klug handhaben und sie nutzen, um sich weiterzuentwickeln, zu experimentieren und zu wachsen.
Der Zweck ist mehr denn je die Grundlage für eine sinnvolle Führung geworden. Sie ist die Richtschnur für Entscheidungen in einer sich schnell verändernden Welt. Der Zweck gibt die Richtung vor, wenn sich alles andere unbeständig anfühlt. In Kombination mit einer starken Unternehmenskultur wird er zum Klebstoff, der Teams zusammenhält und Talente anzieht. Vor allem für jüngere Generationen ist Sinn nicht mehr optional, sondern eine zentrale Erwartung.
Die Technologie verändert natürlich jeden Aspekt unseres Lebens. Aber sie muss mit Bedacht eingesetzt werden. Künstliche Intelligenz zum Beispiel birgt ein enormes Potenzial, gibt aber auch Anlass zu echten Bedenken. Studien zeigen, dass die Menschen künstliche Intelligenz bei der Arbeit mehr denn je einsetzen, aber viele vertrauen ihr noch nicht ganz. Das sagt uns etwas Wichtiges: Wir können die Technologie nicht als Lösung betrachten. Wir müssen uns Gedanken darüber machen, wie sie entwickelt, angewendet und verwaltet wird. Führung bedeutet heute, dafür zu sorgen, dass Innovation den Menschen dient und nicht umgekehrt.
Gleichzeitig kann niemand für sich allein genommen effektiv führen. Die Herausforderungen, vor denen wir stehen - Klima, Gesundheit, Ungleichheit und technologischer Wandel - sind zu groß, als dass ein einzelnes Unternehmen, eine einzelne Branche oder ein einzelnes Land sie allein lösen könnte. Deshalb müssen Führungskräfte lernen, in Begriffen der Zusammenarbeit, der Verbindung und der gemeinsamen Verantwortung zu denken. Der Bau von Brücken über Sektoren und Grenzen hinweg ist nicht nur strategisch wichtig, sondern unerlässlich.
Schließlich erfordert Führung heute die Fähigkeit, mit Realismus und Phantasie in die Zukunft zu blicken. Wir können uns nicht länger auf kurzfristiges Denken verlassen. Für die Zukunft zu planen bedeutet, sich auf mehrere Ergebnisse vorzubereiten, unterschiedliche Perspektiven anzuhören und Neugier als eine der Hauptstärken zu kultivieren. Es bedeutet, in Bildung zu investieren, nicht nur in technische Fähigkeiten, sondern auch in Ethik, Nachhaltigkeit und kritisches Denken. Und es bedeutet, die Institutionen zu stärken, die einen fundierten öffentlichen Dialog ermöglichen.
Dieser Moment der Geschichte ist unbestreitbar komplex. Aber es ist nicht die Zeit für passives Management. Es ist die Zeit für eine mutige, durchdachte Führung, die es wagt, Fragen zu stellen, Verbindungen herzustellen und etwas zu schaffen. In vielerlei Hinsicht ist die Ungewissheit, mit der wir heute konfrontiert sind, keine Bedrohung, sondern eine Einladung. Eine Einladung, neu zu definieren, was Führung bedeutet, und zu zeigen, dass es auch in schwierigen Zeiten möglich ist, zielgerichtet zu führen und eine Zukunft zu gestalten, an die es sich zu glauben lohnt.